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Umweltschäden durch meterhohe Fontäne

Öl-Leck an Pipeline für PCK-Raffinerie: Spritversorgung „nicht gefährdet“

Aufräumen nach dem Unglück: Arbeiter bei Gramzow.
Aufräumen nach dem Unglück: Arbeiter bei Gramzow.

Potsdam. Am Mittwochnachmittag (10. Dezember) schoss plötzlich eine meterhohe Ölfontäne nahe Gramzow (Uckermark) in die Luft. Die Pipeline Rostock–Schwedt liefert Rohöl zur nahegelegenen PCK-Raffinerie und verläuft hier durch Ackerland. Auf dieses regnete das Öl stundenlang. Feuerwehren aus der Region waren anschließend bis kurz vor 3 Uhr morgens im Einsatz, so ein Sprecher der Regionalleitstelle Nordost. Das Leck war vor Mitternacht gestoppt.

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Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dankte am Donnerstag den Einsatzkräften: „Ihr schnelles und professionelles Agieren hat größere Schäden verhindert“, so Woidke. Verletzte gab es nicht.

Wie groß ist die Umweltkatastrophe?

Laut der PCK-Raffinerie sind 200.000 Liter ausgetreten und haben eine Fläche von rund 2 Hektar „benetzt“. Das entspricht drei Fußballfeldern. Die Einschätzung des Umweltschadens, „insbesondere Boden und Wasser“, dauere an, so das Unternehmen. Luftmessungen durch die Freiwillige Feuerwehr ergaben keine Gefährdungen für die umliegende Bevölkerung.

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Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, legte die Feuerwehr Öl-Sperren aus, um ein Abfließen in die Welse zu verhindern, einen Nebenfluss der Oder. Dass der feuchte Ackerboden das Öl nicht sofort aufgenommen hat, erleichtert das Absaugen. Die benetzte Erde soll nun zusammengeschoben werden. PCK will dafür „alle notwendigen Mittel und Ressourcen“ bereitstellen und hat entsprechende Fachfirmen angefordert.

Ministerpräsident Woidke sagte: „Die Sicherheit der Umwelt und der Menschen hat höchste Priorität.“ Der Landkreis Uckermark verzichtet laut RBB auf das Ausrufen einer Katastrophenlage.

Am Freitag nach dem Unglück wurde das Abtragen der mit Öl verunreinigten Erde fortgesetzt. Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) erklärte dem RBB, dass das Ergebnis der Bodenprobenanalyse noch ausstehe.

„Im Schnitt dauert so was in der Tat ein bis zwei Tage. Wir werden aber auch Oberflächengewässer noch mal durchprüfen. Gleichzeitig werden wir aber auch noch Bodenproben ziehen, auch in tieferen Bodenschichten“, sagte die Ministerin. „Derzeit wird ja ein Bodenabtrag von knapp 20 bis 30 Zentimeter vollzogen, der dann verbracht wird zurPCK, dort gereinigt wird.“

Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD, v. l.), PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer und Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) besuchten am Donnerstag die Unglücksstelle an der Pipeline.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD, v. l.), PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer und Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) besuchten am Donnerstag die Unglücksstelle an der Pipeline.
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Kritisch äußern sich Umweltschützer. „Mit jedem Liter Rohöl, der in die Umwelt austritt, werden sowohl unser Grundwasser als auch landwirtschaftliche Flächen und die Lebensmittelproduktion über lange Zeit geschädigt“, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner. Dass Behörden und Betriebsleitung den Unfall nicht verhindern konnten, sei „ein Skandal“. Die Umweltorganisation WWF erwartet ebenfalls langwierige Folgen für Grundwasser und Boden.

Wer oder was hat das Leck ausgelöst?

Die Ursache ist nicht abschließend geklärt. Nach ersten Erkenntnissen lösten Arbeiter das Leck aus, als sie eine Schieberstation an der Pipeline für einen geplanten Sicherheitstest vorbereiteten. „Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen kann eine absichtliche Fremdeinwirkung ausgeschlossen werden“, so PCK. Die Ermittlungen der Polizei laufen noch.

Bleibt jetzt das Benzin aus?

90 Prozent des in Berlin und Brandenburg verbrauchten Benzins, Kerosins und Heizöls kommen aus der Raffinerie in Schwedt. PCK verarbeitet pro Stunde über 1000 Tonnen Rohöl. Beim Leck ist wahrscheinlich nur ein Fünftel davon ausgetreten. Die Pipeline selbst ist unbeschädigt. Allerdings ist der Durchfluss vorerst unterbrochen.

PCK-Betriebsratschef Danny Ruthenburg sagte der MAZ: „Wir hoffen, dass die Leitung schnell wieder in Betrieb geht, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.“ Das Unternehmen selbst schreibt, es gebe derzeit „keine Auswirkungen auf den Raffineriebetrieb“. Die Bestände reichten, um den Ausfall „kurzzeitig“ zu überbrücken.

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Diese Havarie ist die Quittung für das Nichthandeln der Bundesregierungen.

Christian Görke

Bundestagsabgeordnete der Linken

Die Landesregierung teilte mit, die Versorgung von Berlin und Brandenburg mit Kraftstoffen und Heizöl sei derzeit nicht gefährdet.

Hängt PCK an der Pipeline nach Rostock?

Für die Versorgung von PCK spielte die Pipeline aus Rostock lange eine Nebenrolle. Mit dem russischen Angriff 2022 auf die Ukraine und dem Ölembargo gegen Russland drehte sich das. Seitdem wird das meiste Öl vom Rostocker Hafen nach Schwedt gepumpt. Dort sowie in Berlin und Potsdam war man bislang überrascht, wie stabil die Pipeline die Umstellung trägt.

Die Druschba, bislang Hauptstrang der Raffinerie, liefert hingegen nur noch rund ein Drittel des Öls. Dieses kommt mittlerweile aus Kasachstan und vom polnischen Hafen Gdansk.

Was ist das Problem der Pipeline?

Die Pipeline Rostock-Schwedt soll ausgebaut werden. PCK soll so unabhängiger von der Druschba werden. Schon die Ampel-Regierung wollte dafür 400 Millionen Euro dazugeben. Seit zwei Jahren wartet der Bund aber auf eine Freigabe der EU-Kommission. Die stört sich dem Vernehmen nach an den Besitzstrukturen.

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Mehrheitseignerin von PCK ist die Rosneft Deutschland GmbH, Tochter des staatlichen russischen Rosneft-Konzerns und seit Kriegsbeginn unter Treuhandverwaltung durch den Bund. Neue Sanktionen der USA gegen die russische Rosneft-Mutter bedrohten zuletzt das Geschäft. PCK wiederum hält 45 Prozent an dem Betreiber der Pipeline.

Wegen des Links zu Rosneft blockiert Brüssel die Freigabe der Gelder, heißt es aus informierten Kreisen. Auch die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) konnte da bislang nichts bewirken. Beide Seiten äußern sich nicht zu den Verhandlungen.

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Christian Görke nahm das Öl-Leck zum Anlass, um erneut eine Übernahme von Rosneft durch den Bund zu fordern. „Diese Havarie ist die Quittung für das Nichthandeln der Bundesregierung“, so Görke. Nur durch eine Übernahme könnten „dringend notwendige Investitionsentscheidungen“ wie der Neubau der Pipeline angeschoben werden.