Südmilch: Als das „weiße Gold“ noch in Gmünd verarbeitet wurde

Schwäbisch Gmünd. „Wie – in Gmünd gab es mal eine große Molkerei?“, sagte ein 25-Jähriger erstaunt, als er vom Südmilch-Werk hörte. Jüngeren Leuten ist gar nicht mehr bewusst, dass das „weiße Gold“ der heimischen Bauern bis in die späten 80er-Jahre in der Stauferstadt gesammelt und zu sehr beliebten Milchprodukten verarbeitet wurde. Nach dem wirtschaftlichen Niedergang des Südmilch-Konzern waren die imposanten Produktionsanlagen in den 90er-Jahren lange Zeit verwaist, bis schließlich die Bagger und Lastwagen anrückten, um Platz zu schaffen für eine andere gewerbliche Nutzung des Areals.

Die historischen Fotos vom einstigen Südmilch-Betrieb in der Lorcher Straße bekam die Rems-Zeitung von der Familie Böttcher zur Verfügung gestellt. Siegfried Böttcher hatte nämlich in den 70er- und 80er-Jahren in der renommierten Südmilch-Dependance in Schwäbisch Gmünd die Position des Werksleiters inne und wohnte sogar auf dem Betriebsgelände. Bei seinen Sohn Bertram Böttcher, der heute im bayrischen Mindelheim wohnt, sind die Erinnerungen noch wach, wie er als Bub zwischen Milchlastern, großen Sammeltanks und Produktionsanlagen aufwuchs.
Der Name „Südmilch“ war über einen langen Zeitraum der Inbegriff für gute Qualität aus schwäbischer Produktion. Die Wurzeln des Konzerns lagen im Problem großer Städte, ihre Einwohner mit frischer und unverdorbener Milch zu versorgen. Die Stadt Stuttgart gründete dazu 1926 die Milchversorgung Stuttgart GmbH, die 1930 dann in der Württembergischen Milchversorgung AG aufging.
Ab 1950 wurden unter dem Marken „Südmilch“, der für kontrollierte Qualität stand, Produkte von 50 Molkereien von der Württembergischen Milchverwertung AG vertrieben. Dieses Unternehmen fusionierte 1972 mit der Milchversorgung Heilbronn zur Südmilch AG. Das Engagement von Südmilch in den neuen Bundesländern nach der Wende wurde allerdings zum Fiasko, denn im Zuge der Sachsenmilch-Pleite wurde auch die Südmilch AG insolvent und schließlich vom Campina-Konzern aus den Niederlanden übernommen.
Streit unter Milchbauern
Im Gmünd erinnern sich Ältere noch an den Streit einer Gruppe von Milchbauern mit der Südmilch AG. Unter Federführung vom Waldstetter Schlatthof-Bauern Anton Weber (nicht verwandt mit dem skandalumwitterten Südmilch-Chef Wolfgang Weber, der sich wegen Betrugsvorwürfen nach Paraquay abgesetzt hatte und später verurteilt wurde) pochten Mitglieder der „Milcherzeugergemeinschaft Schwäbisch Gmünd“ auf eine bessere Bezahlung. Es wurde deshalb mit mehreren anderen Molkereien verhandelt, erzählt Anton Weber.
Drei Molkereien stellten sich in der Gemeindehalle in Mutlangen den Bauern vor – und die Mehrheit wechselte als Gruppe schließlich zur Hohenloher Molkerei, während die „Milcherzeugergemeinschaft Schwäbisch Gmünd Ost“ und weitere Bauern bei der Südmilch blieben – allerdings nicht mehr mit direkten Südmilch-Lieferverträgen, sondern als Zulieferer der Südmilch-Tochter „Landgold“. „Wir hatten erkannt, dass die Südmilch längst Pläne für die Auflösung des Standorts Gmünd in der Schublade hatte“, erinnert sich Anton Weber, der auch als Vorsitzender des regionalen Bauernverbands für die Interessen der Landwirte kämpfte.

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